"Die jüngsten Berichte aus der Industrie, von Branchenverbän- den und dem Deutschen Großhandelsverband zeigen, dass die Situation im SHK-Sektor aktuell, gelinde gesagt, heraus- fordernd ist. Die Branche ist derzeit wahrlich nicht auf Rosen gebettet, wenn überhaupt, dann mit eher gefühlten Aufhellungstendenzen im Sanitärbereich. Ein wichtiger Indikator für das Branchengeschehen ist der Auftragsvorlauf in Wochen im SHK-Fachhandwerk. Lag dieser beispielsweise in Bayern im letzten Jahr noch bei 23,8 Wochen, so sind es nun nur noch knapp 16 Wochen – mit rückläufiger Tendenz. Bundesweit liegt der Durchschnitt bereits bei 10 Wochen, in einigen Regionen sogar nur noch bei 6 Wochen.
Nach der Übernachfrage, den Verfügbarkeitsengpässen, steigenden Rohstoffkosten und Verkaufspreisen in den Jahren 2021/2022 sowie dem Rekordheizungsjahr 2023 prägen jetzt eine rückläufige Nachfrage, Überangebote und ein harter (Preis-)Kampf um die verbleibenden Projekte das Bild.
Das Tagesgeschäft stellt somit sowohl das Management als auch die Vertriebsmitarbeiter vor große Herausforderungen. Prognosen für eine Verbesserung – insbesondere wann diese eintreten – bleiben schwierig. Dennoch treffen Manager derzeit strategische Entscheidungen, die nur als Wetten auf eine bessere Zukunft angesehen werden können. Der Carrier/ Viessmann-Deal ist ein Beispiel für eine solche Wette auf die Zukunft, auch wenn dieser anscheinend nicht wie geplant auf- gegangen ist. Der Weiterverkauf von Geschäftseinheiten aus dem von Carrier übernommenen Viessmann-Portfolio deutet bereits darauf hin. Dass das chinesische Unternehmen Midea in den ersten Monaten des Jahres Arbonia (einschließlich des Heizungsgeschäfts von Kermi) für einen hohen dreistelligen Millionen- betrag übernommen hat, gehört ebenfalls zu dieser Kategorie von Zukunftswetten."
Aktuell plant die Bosch-Gruppe, den Unternehmensbereich Energy and Building Technology von Johnson Controls für 7,4 Mrd. Euro zu übernehmen, inklusive des weltweiten Heizungs-, Lüftungs- und Klimalösungsgeschäfts für Wohn- und kleine Gewerbegebäude. Dabei soll auch das Gemeinschaftsunternehmen Johnson Controls-Hitachi Air Conditioning (JCH) zu 100 Prozent erworben werden, einschließlich der 40-prozentigen Beteiligung von Hitachi. Bosch-Chef Stefan Hartung kommentiert: „Größte Transaktion in der Bosch-Geschichte und wichtiger Meilenstein in der Umsetzung der Unternehmensstrategie 2030.“ Damit setzt der deutsche Konzern nun allen Gerüchten zum Trotz ganz klar auf das Thema Energiewende. Jetzt können Wetten darauf abgeschlossen werden, wann sich diese Investitionen auszahlen werden. Es bleibt abzuwarten, wer das Wettbüro dennoch ohne Hauptgewinn
verlassen muss. Und welche Unternehmen als Einsatz
für weitere Wetten noch auf den Tisch gelegt werden.
Selbst einem neutralen Beobachter der Branche ist klar: Wenn
sich solche internationalen Konzerne hier klar positionieren,
muss der Glaube an die Dekarbonisierung im Gebäudesektor
und damit die Chancen auf Gewinne in der Zukunft fest verankert
sein.
Auch wenn es derzeit in der deutschen Energiewende mehr als hakt, der Abschied von fossilen Brennstoffen ist überfällig und darf nicht weiter auf sich warten lassen. Deshalb würde ich eine Wette eingehen: Die Energiewende, vorwiegend strombasiert, kommt. Leider verzögert, dank bekannter Fehler in der politischen Kommunikation und allen anderen Bedenkenträgern zum Trotz.
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